Canonical treibt die Snap Integration in der Ubuntu-Welt konsequent mit aller Marktmacht voran. Vielen gefällt diese Entwicklung mit Ubuntu jedoch nicht. Doch welche Optionen hat man noch als Ubuntu Anwender, wenn man nicht unbedingt die Distribution wechseln möchte? Ich zeige Dir, wie Du Ubuntu 20.04 mit Flatpak statt Snap betreibst und die datensammelnden Pakete los wirst. Ich wünsch Dir viel Spaß.
Welche Optionen gibt es
Zunächst sollten wir über die möglichen Handlungsoptionen sprechen. Einerseits können wir Ubuntu optimieren indem wir z.B. Snap und ein paar andere Pakete löschen. Andererseits stellt sich auch die Frage ob Ubuntu perspektivisch gesehen noch die passende Distribution für Dich ist. Ich persönlich rechne Canonical den Verdienst, den Ubuntu für den gesamten Linuxbereich erbracht hat, weiterhin hoch an. Aus dem Grund zeige ich all denen, die Ubuntu auch noch nicht aufgegeben haben, ein paar Verbesserungsvorschläge. Diese gehen wir nachfolgend Schritt für Schritt durch.
Viele wechseln zu Linux, weil ihnen der Umgang mit Privatsphäre bei anderen Betriebssystemen kein gutes Bachgefühl hinterläßt. Kann es da heilsam sein, wenn die Linuxdistribution sich möglicherweise in eine ähnliche Richtung orientiert? Diese Frage solltest Du Dir einmal in Ruhe stellen und die für Dich passende Antwort finden. Ich persönlich habe kein Problem Ubuntu mit nachfolgenden Optimierungen zu benutzen.
Mehr zum Thema: Ubuntu 20.04 LTS Focal Fossa im Test
Optimierung auf Datenschutz
Zunächst starten wir in unser Ubuntu System und führen nun verschiedene Maßnahmen durch um die Privatsphäre zu verbessern.
Pakete löschen
Wir löschen folgende Pakete um die opt-out bzw. Diagnose und Telemetrie Datensammlung und -übermittlung zu unterbinden:
- Ubuntu-report (Report hardware and other collected metrics)
- Popularity-contest (sendet anonyme Statistiken über App Nutzungsverhalten)
- Apport (sammelt Daten bei Programmabstürzen)
- Apport-gtk (Apport GTK+ Frontend)
- Whoopsie (this programm submits crash reports back to ubuntu server)
Terminal Befehl:
sudo apt purge ubuntu-report popularity-contest apport apport-gtk whoopsie
Wer darüber hinaus auch künftig sicherstellen will, daß hier keine Verbindungen aufgebaut werden können, kann z.B. auf DNS Ebene via Pi-hole oder via Router den Zugriff auf diese Domains blockieren:
- metrics.ubuntu.com
- popcon.ubuntu.com
Privatsphäre-Einstellungen
Wir öffnen die Gnome Einstellungen und navigieren zu Datenschutz und weiter zu Fehlerdiagnose. Das Senden von Fehlerberichten an Canonical stellen wir auf “Manuell” oder besser auf “Nie“.
Weiter klicken wir auf Konnektivität und deaktivieren die Funktion „Überprüfung der Verbindung“. Auch hier werden technische Diagnosedaten gesammelt, was wir somit unterbinden.
Paketcontainer (Snap und Flatpak)
Zu Gunsten eines erhöhten Datenschutzes trennen wir uns von Canonicals Snap Containerlösung und optional binden wir uns die quelloffene Flatpak Containerlösung ins System ein. Wer Flatpak nicht einbindet, kann seine Software ausschließlich über die von Ubuntu bereitgestellten Paketquellen beziehen.
Snap deinstallieren
Unter Ubuntu 20.04 könnt ihr hier direkt fortfahren. Verwendet ihr Ubuntu 18.04 und wollt auf die Yaru-Themen und Symbole nicht verzichten, müsst Ihr diese zuvor wie unten beschrieben, sichern. Um Snap zu löschen, deinstallieren wir folgende Pakete:
- Snapd
- Ubuntu-core-launcher
- Sqashfs-tools
Befehl:
sudo apt purge snapd ubuntu-core-launcher squashfs-tools
Nun entfernen wir letzte übergebliebene Paket-Altleichen und starten das System danach durch.
sudo apt autoremove && sudo reboot
Für Ubuntu 18.04 Anwender: Um das Yaru Theme zu behalten, sind folgende Schritte nötig via Terminal (obsolet unter Ubuntu 20.04):
mkdir .themes .icons
cd /usr/share/themes
cp -rp Yaru* $HOME/.themes
cd /usr/share/icons
cp -rp Yaru $HOME/.icons
Damit haben wir das Yaru Thema und die Yaru Symbole gesichert.
Um nun Pakete über ein Software-Center beziehen zu können, müssen wir das Gnome-Software Center Installieren. Hier verwenden wir die Aufforderung keine Empfehlungen mit zu installieren, ansonsten würde snap wieder installiert werden.
Terminal Befehl:
sudo apt install --no-install-recommends
gnome-software
Anschließend kann das Gnome Software Center gestartet und verwendet werden.
Flatpak installieren
sudo apt install flatpak
Software Flatpak Plugin installieren
sudo apt install gnome-software-plugin-flatpak
Flathub Repository zufügen:
flatpak remote-add --if-not-exists flathub https://flathub.org/repo/flathub.flatpakrepo
System durchstarten:
sudo reboot
Nach dem Neustart des Systems können via Gnome Software Center Flatpak basierende Programme wie z.B. Signal Messenger installiert werden. Die Paketquelle wird übrigens unten in den Details eines Programms angeben.
Pro Ubuntu trotz Kritik an Ubuntu
Genau so sehe ich es. Ich persönlich stehe Ubuntu weiterhin positiv gegenüber. Der Verdienst von Ubuntu ist unermesslich. Stellt Euch vor, Canonical würde den Ubuntu Linux Desktop, der nur Zusatzkosten generiert und keinen Ertrag bringt, einstellen und nicht mehr weiterentwickeln. Dann gäbe es nicht nur kein Ubuntu mehr, sondern auch bei einigen anderen namhafte Distributionen wie z.B. Linux Mint, elementary OS, ZorinOS, Pop!_OS, KDE neon käme plötzlich Hektik auf, da die Zukunft ungewiss wird. Ihr seht also, an Ubuntu hängen noch zahlreiche andere, sehr beliebten Distributionen, die, zusammen mit Ihren Nutzern, ebenfalls von Ubuntu profitieren.
Dennoch gibt es immer auch etwas zu kritisieren. Der Umfang an Datensammlung ist in meinen Augen abzulehnen. Ich fände es den Ubuntu Anwendern gegenüber fair, würde Ubuntu eine zentrale Möglichkeit bieten das Opt-out zu deaktivieren, sodaß gar nichts mehr übermittelt wird.
Ob es weiterhin sinnvoll ist die serverseitige Snap Infrastruktur nicht quelloffen zu betreiben, solle seitens Canonical überprüft werden. Sicher schielt Ubuntu mit Snap auf proprietäre Drittanbieter, die den Quellcode Ihrer Software nicht veröffentlichen möchten. Als Beispiel könnte hier ja Microsoft Office für Linux in Frage kommen. Doch ob das so weit gehen sollte, daß Canonical dem Beispiel folgt, halte ich zumindest für bedenklich. Zumindest würde Canonical der ganzen Kritik um Snap viel Wind aus den Segeln nehmen, würde es die Serverinfrastruktur quelloffen betreiben.
Fazit
Ubuntu Anwender sollten prüfen über welche Quelle sie ihre Software beziehen, sofern sie nicht in die eine Richtung gezwungen werden wollen. Chromium unter Ubuntu ist so ein Beispiel, denn selbst wenn man unter Ubuntu mit sudo apt install chromium eingibt, erhält man Chromium nicht auf Basis eines *.deb Paketes, sondern stattdessen als Snap Paket.
Dieser Umstand gefällt mir nicht. Ich möchte selbst die Quelle meiner Software wählen können. Dieser Punkt kann von Ubuntu aber rasch behoben werden. Doch aktuell macht es den Anschein als würde Ubuntu Snap mit aller Macht versuchen voranzutreiben. Canonical bzw. Ubuntu begründet diesen Schritt u.a. dahingehen daß die Bereitstellung von Drittanbietersoftware über diese Containerlösung weitaus weniger Aufwand bereitet, da man selbst alle nötigen Abhängigkeiten für alle unterstützen Ubuntu Versionen (z.B. 16.04, 18.04, 20.04 usw) zentral packen und den Container ausrollen kann. Dieser Begründung kann ich technisch voll folgen, dennoch bleibt die Kritik am Zwang der Maßnahme in Verbindung mit der geschlossenen Serverinfrastruktur.
Abschließend läßt sich sagen, daß ich Ubuntu 20.04 ohne Snap und ohne die Diagnosedaten sammelnden Pakete sehr gerne verwende und dies auch empfehle. Für mich ist dies eine gute Argumentationsgrundlage auch weiterhin Ubuntu einzusetzen.
Wie seht Ihr das? Nutzt Ihr weiterhin Ubuntu oder zieht Ihr den Wechsel zu einer anderen Distribution in Erwägung?
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