Willkommen zurück. Heute geht’s um eine der ältesten und zeitgleich aktiven Linux-Distros mit großer Bedeutung. Mit Veröffentlichung von Debian 12 aka Bookworm geben die Entwickler die nächste Toy-Story Figur frei. Ich zeige Dir in diesem Beitrag, was von Bookworm zu erwarten ist. Ob es sich für Dich lohnt usw. Mein Name ist Michael und ich bin leidenschaftlicher Linuxnutzer seit über 20 Jahren. Schnappt Euch einen Kaffee und los geht’s.
Hinweis: Debian 12 erscheint planmäßig am 10.6.2023. Diese Beitrag wurde kurz zuvor mit der quasi fertigen Version produziert und dient vorweg als Eindruck was kommt und auch als Test nach Veröffentlichung.
Die Eckpunkte von Debian
Die erste Version von Debian Linux erschien 1996. 1993 wurde das Debian Projekt von Ian Murdock gestartet. Konstitutionell handelt es sich beim Debian Projekt um ein gemeinnütziges, nicht kommerzielles Projekt, das aus freiwilligen Entwicklern besteht, die sich jedoch verpflichten dem Debian-Gesellschaftsvertrag zu folgen. Heutzutage beteiligen sich über 1000 offizielle Entwickler an Debian.
Debian ist die Basis für viele andere tolle Distros, darunter Ubuntu, MX Linux, LMDE oder Q4OS. Debian 12 Bookworm ist die neueste Debian Stable Version. Von Debian gibt es jederzeit drei parallel gepflegte Ausgaben. Die Reihenfolge besagt schon, wie die Entwicklung verläuft:
- Unstable ist wie ein Upstream Zweig. Hier werden neue Pakete eingereicht, die nach einer gewissen Testphase und Karenzzeit nach Testing transportiert werden können, wenn sie fehlerfrei sind.
- Testing ist die nächste stabile Ausgabe. Hier werden neuere Pakete langsam abgehangen, sodass sie für die nächste stabile Version einerseits erprobt und andererseits fehlerfrei sind.
- Stable ist die offizielle Debian Version. Sie gilt als ausgiebig getestet und ausgesprochen robust und stabil. An den enthaltenen Softwarepaketen wird, abgesehen von Sicherheitsaktualisierungen und schwerwiegenden Korrekturen im Ausnahmefall, nichts verändert.
Die Ausgaben aus dem stabilen Zweig tragen Codenamen, die aus Toystory abgeleitet sind.
Was ist neu?
- Linux Kernel 6.1 LTS-Serie
- 11.089 mehr Software Pakete als bei Bullseye
- Gnome 43
- KDE Plasma 5.27
- LXDE 11
- LXQt 1.2.0
- MATE 1.26
- Xfce 4.18
- Lockerungen bei den Richtlinien im Umgang mit unfreier Firmware
Technische Eckpunkte
Folgende Eckpunkte dienen als grobe Orientierung an der unteren Kante der Mindestanforderungen:
- 1 GHz mindestens Pentium 4 CPU oder neuer
- 256 MB RAM / 1 GB empfohlen
- 10 GB Festplatte
Das gilt für genügsame Desktops. Installierst Du KDE oder Gnome, dann solltest Du bessere Specs zugrunde legen.
Debian ist der Inbegriff einer statischen LTS Distro. Heißt die Paketstände, die ihr jetzt vorfindet, findet ihr auch mit wenigen Ausnahmen wie Firefox oder Thunderbird auch in 3 Jahren noch vor. Es gibt hier primär nur Sicherheitsaktualisierungen.
Debian unterstützt einen Sack voll Architekturen. Hier die Liste:
- 32-Bit PC (i386) und 64-Bit PC (amd64)
- 64-Bit ARM (arm64)
- ARM EABI (armel)
- ARMv7 (EABI Hard-Float ABI, armhf)
- little-endian MIPS (mipsel)
- 64-Bit Little-Endian MIPS (mips64el)
- 64-Bit Little-Endian PowerPC (ppc64el)
- IBM System z (s390x)
Die Paketverwaltung ist APT. Dazu gibt’s noch Synaptic und je nach Desktop gibt’s noch einen App Center wie z.B. Gnome Software Center oder KDE Discover.
Inbetriebnahme
Den Installationsprozess werde ich an der Stelle nicht detailliert beschreiben. Dazu verweise ich Dich zu meinem Debian Linux Installationsbeitrag im Rahmen der Serie Wechsel zu Linux. Hierzu findest Du in der Beschreibung den Link. Schau es Dir im Bedarfsfall einfach mal an, dann weißt Du Bescheid.
In diesem Demo hatte ich Debian 12 mit Gnome Desktop installiert.
Hacks und wichtige Befehle (Aktualisierung, Suchen etc)
Wenn Du das System aktualisieren willst, kannst Du das grafisch oder via Terminal machen. In der Konsole würde ich folgende wichtigen Befehle empfehlen:
Paketquellen auffrischen:
sudo apt update
Pakete aktualisieren:
sudo apt upgrade
Unnötige Pakete entfernen nach Aktualisierung
sudo apt autoremove
Flatpak Pakete auffrischen
flatpak update
Vollautomatisierte Aktualisierung:
sudo apt update && sudo apt upgrade -y && sudo apt autoremove -y && flatpak update -y
Die Befehlskette könnest Du auch in ein Skript packen und dieses via Cronjob einplanen. Allerdings hast Du dann keine Steuerungsmöglichkeit mehr bei den Aktualisierungen. Grafisch kannst Du auch via Gnome Software Center oder Discover falls Du KDE nutzt. Die meisten Desktops bieten eigene Möglichkeiten. Darüber hinaus kann man auch Synaptic verwenden.
Zielgruppe
Debian spricht Systemadmins im Serverumfeld an, wo mit der hohen Stabilität gepunktet wird. Allerdings kann Debian auch am Desktop überzeugen. Gerade am Desktop gilt es zu beachten, dass die Softwarepaketstände bei Debian unverändert bleiben und primär nur Sicherheitsaktualisierungen im Rahmen der Unterstützungsreitraums angeboten werden. So wird ein ausgesprochen stabiler aber auch zeitgleich nicht topmoderner Desktop angeboten.
Performance, Desktop & Programme
Systemvermessung
Mein System mit Gnome Desktop reservierte sich 9,6 GB von der Platte. Der Bedarf an Arbeitsspeicher lag bei 1,4 GB RAM.
Anzahl installierter Pakete nach erstem Start: 2325 Debian Pakete
Desktop Oberfläche und Konzept
Zum Zeitpunkt der Beitragserstellung wurde Gnome Shell 43.4 ausgeliefert.
Damit kehrt nach langer Entwicklung bei Gnome auch die ganze libadwaita Designvariante bei Debian ein. Bedeutet Ihr könnt nicht mehr einfach Themes ins System laden. Stattdessen seid Ihr an vorgegebene Designrichtlinien gebunden und könnt das System nicht mehr so weitreichend optisch anpassen. Debian liefert Gnome Shell unverändert aus. Es sind per Standard keine Erweiterungen aktiv. Wir sprechen hier von Vanilla Gnome. Ist Dir dies zu rudimentär, wir haben ja nicht mal Fensterelemente für Maximieren und Verkleinern, dann ist das Gnome Tweak Tool die erste Anlaufstelle. Hier können wir zumindest die bekannte Funktion der drei Elemente wieder einstellen. Die Bedienung ist mehr an die Steuerung via Trackpad, Touchpad oder Tastaturbelegungen ausgelegt. Manchen gefällt das, anderen weniger. Ich gehöre zur letztgenannten Gruppe und installiere an meinem Desktop mehrere Erweiterungen.
Generell ist der Desktop mager ausgestattet. Das Debian 12 Design gefällt mir diesmal besser als noch beim Vorgänger. Allgemein sind nur die Gnome 43 Wallpaper mit dabei und ein paar eigene von Debian, die aber keine Katze hinter dem Ofen hervorlocken.
Vorinstallierte Software
- Kernel: 6.1
- Browser: Firefox ESR
- E-Mail Client: Thunderbird, Gnome Evolution
- Büropaket: LibreOffice 7.4
- Software-Container: –
Allgemein vorinstallierte Software:
Im Hinblick auf die Software könnte eine Diät sich positiv auswirken. Debian installiert für mein Geschmack zu viele Spiele wahllos vor. Wären die Palette der Gnome Games nicht standardmäßig vorinstalliert, wäre ich durchaus zufrieden. Warum jedoch Thunderbird und Evolution installiert werden, ist mir schleierhaft. Wer braucht 2 Mailclients? Ich möchte nicht pingelig sein aber die Vorauswahl an Software wirkt mir etwas strümpfig.
Besonderheiten und Fazit
Nach gefühlten 100 Jahren hat Debian seine Richtlinien im Umgang mit proprietärer Software und Firmware überarbeitet. Heißt die Aktivierung von Contrib und non-free Paketsourcen in der sources.list ist nicht mehr nötig. Eine sehr gute Entscheidung. So partizipiert man von nicht quelloffenen Treibern und Software. Es gibt noch immer Wlan Karten wie auch Grafikkarten, wo der proprietäre Treiber die bessere oder sogar auch einzige Wahl sein kann.
Debian 12 kommt mit insgesamt 64419 Paketen. Im Vergleich zu Debian 11 Bullseye wurden 6296 Pakete wurden entfernt und 11089 Pakete wurden neu hinzugefügt.
Debian 12 setzt weiterhin primär auf Ext4 Dateisystem. Wie schon bei Debian 11 erwähnt, die Installation mit anderen Dateisystemen wie z.B. BtrFS ist möglich.
Ich habe immer eine Debian Testing VM am Start. Heißt ich bin schon lange am Testen von Bookworm. Hier sind mir keine Fehler oder Probleme untergekommen. Debian hat ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Stabilität. Das merkt man schon bei der Vorbereitung einer stabilen Version im Testing Zweig.
Fazit
Die große Revolution ist Bookworm mitnichten. Allerdings für Gnome Nutzer könnte man doch von einem größeren Sprung von der alten Gnome 3 Umgebung von Bullseye sprechen. Und sogar im Vergleich zu Ubuntu 22.04 LTS ist Debian 12 weitaus moderner aufgestellt. Doch das wird sich nächstes Jahr wieder ändern. Daher erwähne ich es nur zu informativen Zwecken.
Debian 12 Bookworm ist eine solide und konsequente Fortsetzung des Stable Zweigs. Aktuell sind die Pakete weitgehend noch recht aktuell, aber das ist bei LTS Distros die bittere Pille, die zu schlucken ist. Mit weiteren Verlauf altern die Pakete entsprechend. Debian 11 Bullseye wird Old – Stable und Buster bald LTS.
Wann das Upgrade machen? Jetzt noch nicht! Meine Faustformel lautet:
Am Desktop ab dem zweiten Point-Release und am Server ab dem dritten Point-Release. Ja das ist hart ich weiß aber folgst Du diesem Drehbuch, ist die Wahrscheinlichkeit noch in irgendwelche Fehler reinzulaufen ausgesprochen gering.
Wer am Desktop wegen dem neuen Gnome Desktop usw. absolut ungeduldig ist, sollte mindestens bis zum ersten Point-Release warten. Ich weiß bei Debian ist die Gefahr von Fehlern aufgrund des langen Testing-Freeze gering – ja! Aber läufst Du in einen Fehler hinein, musst Du Dich darum kümmern. Behalte das im Hinterkopf.
Credit: Debian
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